So dürfte wohl selbst mancher Gelehrte fragen, dem dieser Name vor die Augen kommen wird. Selbst die Konversationslexika von Brockhaus und Meyer, die doch jeden Träger eines berühmten Namens nach, und oft sogar über Gebühr würdigen, wissen nichts von Paul Beneke. Und doch gehört der Held dieser Geschichten zu den Männern, die durch ihre großen Taten einen Einfluß auf den Gang der Weltgeschichte ausgeübt haben.
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts war Paul Beneke, der kühne Danziger Seeheld, unbestritten der hervorragendste und glücklichste Flottenführer der deutschen Hanse in ihren Kriegen gegen England, Frankreich und Dänemark. Seinen heldenmütigen Kämpfen und Siegen hat die Hanse es vornehmlich zu verdanken gehabt, daß die Engländer den durch König Eduard IV. gewaltsam geschlossenen Stalhof in London, das stolze Geschäftshaus der deutschen Kaufleute, wieder öffnen und sich zu dem Frieden von Utrecht am 28. Februar 1474 bequemen mussten, der der Hanse alle ihre Handelsfreiheiten wiedergab, die sie vor dem Treuebruch Eduards in England besessen hatte. Ebenso darf man als mittelbare Folge seiner Taten das unerwartet freundliche Entgegenkommen Ludwigs XI. von Frankreich gegen die Hanse ansehen, der in demselben Jahre den Danziger Kapitän Jakob Voß und seinen Genossen Nikolaus Veddric an seinem Hofe zu Mont S. Michel in der Normandie überaus huldvoll empfing und der Hanse auf zehn Jahre den Frieden und die vorteilhaftesten Handels- vergünstigungen in seinem Lande verbürgte.
Man sollte glauben, ein Mann, der so Großes geleistet hat, hätte nimmermehr im deutschen Volke vergessen werden können, insbesondere aber hätte doch seine Vaterstadt Danzig alle Ursache gehabt, ihrem großen Sohn ein dankbares Andenken zu bewahren. Denn neben der politischen Klugheit und kaufmännischen Tüchtigkeit ihrer Bürgermeister und Ratsherren waren es die kriegerischen Großtaten Paul Benekes, die der Stadt Danzig nach dem Frieden von Utrecht in England ein so hohes Ansehen verschafften, daß sie dort vor allen Städten der Hanse bevorzugt wurde, und zwar insofern, daß noch zwanzig Jahre nach dem Tode Benekes der Lübecker Magistrat klagt, die deutsche Faktorei in London diene hauptsächlich den Angelegenheiten Danzigs. Hinzu kommt, daß Paul Beneke seiner Vaterstadt Danzig den größten Kunstschatz geschenkt hat, auf welchen sie nun schon fünf Jahrhunderte mit Recht so stolz ist: Hans Memlings Meisterwerk ,,Das jüngste Gericht". Die Marienkirche hegte und hütete diese Siegestrophäe unseres Helden bevor 1807 Napoleon es nach Paris entwendete, das zehn Jahre später wieder an die Stadt Danzig zurückgegeben wurde. Im 2. Weltkrieg schafften es deutsche Soldaten beim Rückzug nach Thüringen, wo es die Rote Armee beschlagnahmte. Erst 1956, im Gründungsjahr unserer Schützengesellschaft ,,Paul Beneke", gab die damalige UdSSR das Triptychon dem Danziger Nationalmuseum zurück.












































Das Triptychon ,,Das jüngste Gericht" von Hans Memling 1460 in Brügge gemalt.


Und trotz alldem hat es geschehen können, daß der Name Paul Beneke in Deutschland, ja selbst in Danzig der Vergangenheit anheim fallen konnte. Traurige, beschämende Tatsache, die sich auch nicht völlig durch den Umstand erklären lässt, daß die wichtigsten Quellenschriften über unseren Helden jahrhundertelang verloren und verschollen gewesen waren. Diese Quellen waren u.a. die Danziger Chronik von Caspar Weinrichs und die vom Danziger Ratsherr Bernt Pawest verfassten Sendschreiben an den Rat von Danzig aus den Jahren 1471-1474. Herrn Vizeadmiral a.D. Reinhold v. Werner gebührt der Verdienst, mit allem Nachdruck auf die Bedeutung Paul Benekes hingewiesen zu haben. In seinem Buche ,,Bilder aus der deutschen Seekriegsgeschichte von Germanikus bis Kaiser Wilhelm II." (München, Verlag von J.F. Lehmann) hat Herr v. Werner als erster Paul Benekes Heldenlaufbahn kurz, aber lebendig und warmherzig geschildert. Dieser Schilderung ist es sehr wahrscheinlich zu verdanken, daß einige Schriftsteller diese Heldensagen wieder aufgriffen und somit dazu beitrugen Paul Beneke nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Vielleicht ließen sich aber auch dadurch unsere Gründungsväter inspirieren und gründeten eine Schützenkompanie in Düsseldorf-Wersten und schufen somit als erster Schützenverein in Deutschland ein Denkmal für Paul Beneke.















Der Besen
Auf dem Wasser der Weichsel brennt düster das Abendrot,
Paul Beneke starb der deutsche Held ist tot.
Von Danzig bis Köln, von London und Brügge bis Zween
trauert die Hanse um ihren besten Kaptän.
Einsam halten im Hafen die Totenwache,
der "Peter von Danzig" und der "Mariendrache".

Leise wiegen die dunklen Koggen sich Bord an Bord,
verweht ist Paul Benekes letztes Kommandowort.
Zu Ende die Zeit, da von Schweden bis Niederland über Danzigs Schiffen der Stern des Ruhmes stand.
Zu Ende die Zeit, da im schwankenden Vortop der Besen
Das Zeichen der Herrschaft über die Ostsee gewesen.

Auf den dunklen Seglern, geschwärzt von Pulverdampf und Blut,
Rot brennt es auf an Deck in des abends Glut.
Die alten Schlachten und Zeiten lodern darin
und geistern noch einmal über die Schiffe hin.
Daß, ehe Paul Beneke sinkt in die wartende Erde,
dem Admiral von den Toten gehuldigt werde.

Fackelschein springt wie Brand an den Segeln hinauf,
Stückpforten tun sich auf und Lucken und Mündungen auf.
Hell blitzen klirrend Waffen in schwieliger Faust
und über die Planken der Koggen und Brasen braust
ein einziger Ruf:Allzeit gut Danzig! Dann singen zum blutigen Tanz die Enterbeile und Klingen.

Aufzuckt der Morgenstern wie einst im dänischen Sund, zerfetzt sinkt der Daneborg auf des Meeres Grund.
Über Englands Königsstandarte bricht dornige Schein
wie ein Osterlingisches Gewitter herein.
Kniend im weißen Helmbusch zu Paul Benekes Füßen
Muß Eduard von Britannien seinen Hochmut büßen.

Durch die geisternden Schlachten glänzt Laternenlicht
unterm Mast des "Peters von Danzig" das jüngste Gericht.
Stolz zerreißt der Mann auf des Schiffes schwebender Brücke
die Bulle des Papstes zu Rom in hundert Stücke.
Drohend, wie eines Wolfes aufgebrochenen Rachen
Starren die Borsten des Besens am Mast des "Mariendrachen"

Langsam zerfließen im Nachtwind Nebel und Pulverdampf
verschwunden sind Bilder von Schlacht und Kampf.
Durch die schlafende Stadt schwankt ein hölzerner Sarg. Darauf Funkelt im Mondlicht ein goldener Degenknauf.
Wie ein schwebendes Boot, das die Stürme des Himmels trafen
gleitet der Sarg hinab in den ewigen Heimathafen.

Da geht durch den "Drachen in Weichselmünde ein Stoß,
im Vortop bricht von den Stengestag der Besen los.
Und kracht auf das Deck und wirbelt da einmal noch
Zurückgeschleudert über das Schanzkleid hoch.
Und fliegt, das Zeichen gewesener Herrschaft, im bogen
in die rollende Brandung der Weichsel und Ostseewogen.-

Paul Beneke starb. Durch das blaue Osterlingermeer
Rauscht der kupferne Kiel seiner Stolzen Flotte nicht mehr.
Versunken unter Muschel und Stein und Sand,
der eiserne Besen, der einst überm Ostmeer stand.
Daß keiner es wage, mit fremdern und frechen Händen
die Ehre der Heimat seine Güter und Menschen zu schänden.